Größere Reichweite bringt mehr Nutzer
GILSERBERG. Elektromobilität im ländlichen Raum voran bringen – das hat sich der im vergangenen Jahr gegründete Verein E-Mobilität Nordhessen auf die Fahnen geschrieben. Der Verein zählt 33 Mitglieder und ist in drei Landkreisen vertreten. „Tendenz steigend“, erklärt der Vorsitzende Thomas Schuricht.
Am Dienstagabend trafen sich die Förderer der E-Mobilität zum Neujahrsempfang im Landgasthof Steller in Gilserberg. Zu Gast war der Geschäftsführer eines der führenden Unternehmen für Schnell- Ladetechnik Rachid Ait Bouhou: Der Experte klärte über die Ladeinfrastruktur auf und ging der Frage „Schnell-Ladung – warum und wo am besten?“
nach.
Fahrten unter 100 Kilometer
Reichweiten seien ein großes Thema, allein schon durch die Topografien. „80 Prozent der unternommenen Fahrten liegen deutlich unter 100 Kilometern“, sagte Bouhou. Eine Reichweiten-Gewinnung ermögliche jedoch eine größere Nutzung von Elektromobilen. Und die erhöhe die Wirtschaftlichkeit. „Ich als Nutzer sehe aber, dass sich im Bereich der Akkus in den vergangenen fünf Jahren nicht allzu viel getan hat. Wir sind immer noch bei Reichweiten um 100 Kilometer. Eine Verdoppelung der Reichweite wird etwa in fünf bis zehn Jahren im Fahrzeug ankommen“, prognostizierte der Experte.
Im Bereich der Schnellladetechnik dauere es aktuell 30 Minuten, um ein Fahrzeug auf etwa 80 Prozent seiner Leistung zu laden – bei zwei Steckertypen. Die gängigere Stecker- Variante - CHAdeMO - sei seit 1998 in der Nutzung und stamme aus Japan. Sie sei weltweit etabliert und erreiche 80 Prozent der Marktabdeckung. CCS – so heißt das zweite System – werde neue EU-Norm. In Deutschland gebe es zum Thema Elektromobilität Modellregionen: Insgesamt stünden landesweit 4800 Ladepunkte zur Verfügung, davon 100 Schnell-Ladepunkte. 24 000 Fahrzeuge seien derzeit unterwegs. Geplant sei, bis 2020 die Ladepunkte auf 28 000 auszubauen. 7000 davon sollen Schnell-Ladestationen sein. Die sollen eine Million Fahrzeuge versorgen. Als sinnvolle Standorte schätzte Bouhou Tankstellen, Rasthöfe, Supermärkte oder Einkaufscenter ein. Auch zeigte er Negativbeispiele, wo Ladepunkte zwar vorhanden seien, die jedoch weder entsprechend beschildert noch praktikabel in der Handhabung seien. Vorstellbar sei auch eine Ladestruktur für Hotels. Die Kosten pro Schnell-Ladesäule bezifferte der Experte auf 30 000
Euro.
Karl-Walter Eberlein informierte über Projekte vor Ort: In Ziegenhain seien im Bereich der VR-Bank zwei Schnellladepunkte geplant, eine Neuauflage der E-Mobilitäts-Messe werde es zudem am 5. und 6. September auf dem Alleeplatz geben. Gerhard Reidt erläuterte, dass sich ein Carsharing-System im Rotkäppchenland etablieren soll. „Wir wollen die Fahrzeuge auf die Straße bringen. Es ist eine Flotte zu touristischen Zwecken geplant. Die können günstig gemietet und getestet werden.“
Von Sandra Rose, HNA, 22.01.2015