Gesundheits-Stopp am Rüssel
LOHFELDEN / KASSEL. Nacht- und Schichtarbeit, Termindruck und Stress, ständiges Sitzen und ein Leben auf der Autobahn: Lkw-Fahrer sind vielen gesundheitlichen Belastungen ausgesetzt. Weil sie ständig unterwegs sind, stellen Arztbesuche ein Problem dar. Daran will die Straßenverkehrsgenossenschaft (SVG) Hessen jetzt etwas ändern. „Die Medizin muss da sein, wo die Menschen sind“, sagt Eugen Jung, SVG-Aufsichtsratsvorsitzender und Kasseler Spediteur. Mit dem Gesundheitszentrum am Autohof Lohfeldener Rüssel sollen die Ärzte den Berufskraftfahrern im Wortsinn entgegenkommen.
Die Idee für das Projekt wurde vor zwei Jahren bei einer Konferenz der nordhessischen Gewerkschaft Ver.di und des Instituts für Sozialforschung in Verona zum Thema „Logistik und Gesundheit“ geboren. In Italien wurde damals schon an Plänen gearbeitet, an der Brennerautobahn ein Gesundheitszentrum für Lkw-Fahrer einzurichten. Während dort noch nichts passiert ist, hat das Projekt in Nordhessen Gestalt angenommen. Das ist vor allem Eugen Jung zu verdanken, der sich bei der SVG für das Vorhaben starkgemacht hat.
Als langjähriger Spediteur weiß er, dass die Gesundheitsversorgung vieler Fahrer im Argen liegt. Zum anderen liege ihm als „Lokalmatador“, so der 68-Jährige, der Standort am Lohfeldener Rüssel am Herzen.
Wenn alles glatt läuft, könnte schon in wenigen Monaten mit dem Bau des Gesundheitszentrums begonnen werden. Es wird im Bereich der Freifläche in der Mitte des Gebäudekomplexes entstehen. Dort sei ursprünglich einmal ein Supermarkt vorgesehen gewesen. Daraus wurde nichts – wodurch sich jetzt der Lückenschluss mit dem Gesundheitszentrum empfiehlt. Das Gebäude soll einen ovalen Grundriss und drei Geschosse haben, erläutert Jung. Erdgeschoss und erster Stock sind für den medizinischen Part vorgesehen, im zweiten Obergeschoss werden zehn Hotelzimmer entstehen.
Die Pläne hat das Kasseler Architekturbüro Hegger - Hegger - Schleiff (HHS) ausgearbeitet. Wenn die Baugenehmigung vorliegt, kann es direkt losgehen.
Partner auf medizinischer Seite ist ein renommiertes Versorgungszentrum aus der Region, das erst nach der Unterzeichnung der Verträge an die Öffentlichkeit gehen will. Fünf Ärzte und eine Physiotherapiepraxis sollen einziehen. Wichtig ist der SVG, dass ein Allgemein- und ein Arbeitsmediziner darunter sind. So könnten die Kraftfahrer auch den im Fünf-Jahres-Rhythmus vorgeschriebenen Gesundheitscheck quasi im Vorbeifahren vornehmen lassen.
In den USA gebe es derartige medizinische Zentren an Highways schon länger, sagt Eugen Jung. Europaweit sei das Projekt bisher einzigartig. „Wenn das Ding hier läuft“, sagt der Kasseler Spediteur, „wird es aber sicher bald Nachahmer geben.“
Mehr zu diesem Thema im Regiowiki: http://regiowiki.hna.de/Lohfeldener_Rüssel
HNA, 17.01.2015, von Katja Rudolph